IT-Beratung

Eine Annäherung aus ironischem Blickwinkel

IT-Beratung ist heute als einzelner Begriff ein weites Feld. Es ist kaum möglich, die Vielzahl fachlicher Qualifikationen aufzuzählen, die sich unter der Obhut dieses Worts versammelt haben. Und scheinbar kommen täglich ein paar neue hinzu, oftmals mit reizvollen modischen Bezeichnungen versehen. Eine allgemeine Definition fällt auf den ersten Blick leicht: IT-Beratung ist eine Dienstleistung, die sich mit Aufgabenstellungen im Umfeld von Informationstechnik befasst. Aber schon mit dem Begriff "Informationstechnik" beginnt bereits ein Dilemma, denn er umfasst eine breite und ständig wachsende Palette technischer Systeme, von der klassischen Rohrpost bis zur satellitengestützten Mobiltelefonie. Das Informationszeitalter lässt grüßen.

Als wäre die Themenbreite durch den allgemeinen Bezug auf Informationstechnik nicht schon groß genug, nimmt die zweite Hälfte des Kompositums erst richtig Anlauf: "Beratung" bezeichnet hier nämlich nicht nur die Erteilung eines guten Rats, der auf profunder Sachkenntnis beruht, wie man es vielleicht von seinem Arzt gewohnt ist, sondern eine bunte Mischung recht unterschiedlicher Tätigkeiten: Akquise von Aufträgen, Managen von Produkt-Portfolios, Durchführen von Mitarbeiter-Schulungen, Optimieren von Ablaufprozessen, Erstellen maßgeschneiderter Software, Planung von Personalbedarf, Erarbeiten von Kriterien für Make-or-Buy-Entscheidungen...

Dies und vieles mehr erwähnen beispielsweise die Stellenbeschreibungen des Arbeitsamts für die Berufsbilder DV-Berater/in - IT-Consultant sowie IT-Berater/in (geprüft). Sogar ein leiser Anklang des oft belächelten Berater-Jargons ist in der Auswahl zu vernehmen. Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen diesen offensichtlich sehr ähnlichen Berufsbezeichnungen, möchten Sie an dieser Stelle vielleicht fragen? Nun, die inhaltliche Beschreibung beim Arbeitsamt ist für beide Berufe ziemlich gleich, allerdings kann man ersteres nur sein, letzteres kann man über eine geregelte  Berufsausbildung werden. Ein Problem, auf das ich später zu sprechen komme.

Die Mindestanforderungen an den Super-Berater

Nimmt man die Aufzählung der oben genannten Tätigkeiten, dann ist ein IT-Berater also ein Vertriebsfachmann, ein Produkt-Portfolio-Manager, ein Lehrer, ein Systemanalytiker, ein Programmierer, ein Personalplaner und obendrein rechte Hand des Managements in Strategiefragen in einer Person. Wohlgemerkt, mindestens das, denn die Aufzählung ist noch lange nicht vollständig. Einen IT-Berater, der sämtliche genannten Anforderungen mit gleicher Begabung erfüllen kann, werden Sie auf dem Markt nicht finden. Allenfalls ein Beratungsteam, dessen Mitglieder sich hierin ergänzen - was der eine nicht kann, kann der andere umso besser. Dürfen sich die einzelnen Teammitglieder dann als IT-Berater bezeichnen, oder hat man es stattdessen nicht eher mit einzelnen Spezialisten zu tun, die erst in Personalunion den Titel verdienen, wie eine Fußball-Elf?

Worum es hier geht

Wenn Sie den Text bis hierher gelesen haben, werden Sie sich langsam fragen, worauf ich eigentlich hinaus will: Nahe liegend wäre wohl, das ich die Lücken in der Liste meiner Fähigkeiten (meiner Skills) nach dem Motto "keiner kann alles" erklärbar machen und obendrein kleinreden will. Wenn dies allerdings wirklich mein Anliegen wäre, hätte ich mir diese Arbeit erspart und es Ihrer Menschenkenntnis überlassen, über meine Qualifikation zu urteilen, anstatt mich auf diese Weise in Verlegenheit zu bringen. Das ist es also nicht. Vielmehr haben mich folgende Absichten dazu verführt, diesen Artikel zu verfassen:

  1. Kritisieren der nebelhaften Berufs- und Branchenbezeichnung
  2. Bemängeln der öffentlichen Selbstdarstellung des Berufs und der Branche
  3. Auf unterhaltsame Weise Werbung in eigener Sache zu betreiben ;-)

In den folgenden Abschnitten nehme ich nacheinander die Deckel von den drei Töpfen und zeige Ihnen, was darin gekocht wird. Ich beginne allerdings mit Nummer 3, um einigen drohenden Missverständnissen vorzubeugen.

Unterhaltsame Werbung in eigener Sache

Ich bin kein Nestbeschmutzer. Meine Frau und mehrere Freunde und Bekannte, die ebenfalls im Beratungsumfeld tätig sind, erledigen ihre Arbeit vorzüglich und sehr gewissenhaft. Die Probleme Ihrer Kunden nehmen abends viele mit nach Hause. Und das gilt ganz sicher auch für die meisten Kollegen, schließlich geht es der Branche nicht schlecht - mit leeren Versprechen und mangelhaften Leistungen ließe sich auf Dauer kein Geld verdienen. Sobald man jedoch inhaltlich über das Thema IT-Beratung zu sprechen beginnt, fällt es irgendwie schwer, seinen Zuhörern den Spaß an der Sache zu vermitteln: Die Themen sind zu abstrakt, zu technisch, zu abgehoben und manchmal gleich alles zusammen. Deshalb habe ich hier eine Form abseits des Mainstreams gewählt, um Sie unterhaltsam über dieses Geschäft zu informieren - gewissermaßen Selbstkritik als Werbung. Ich kann mir so etwas erlauben, weil keine Marketingabteilung hinter mir steht, deren Mitarbeiter allein bei diesem Satz die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würden. Ganz nebenbei erfahren Sie etwas über mich und meine Ansichten zum Thema.

Berufsbezeichnung im Licht des Nebelscheinwerfers

Möchten Sie auch IT-Berater werden? Nichts leichter als das. Lassen Sie sich einfach neue Visitenkarten drucken und setzen Sie unter Ihren Namen das magische Wort "IT-Berater". Bis auf einige Ausnahmen lässt sich der Zusatz "IT" auch durch andere Begriffe austauschen: Finanz-Berater, Kosmetik-Berater, Berater für  Telekommunikationstechnik - das bleibt Ihrer Phantasie überlassen. Nicht nennen dürfen Sie sich z.B. "Steuerberater" oder "Rentenberater", denn diese Bezeichnungen sind rechtlich geschützt. Nur Personen mit entsprechender Ausbildung dürfen sie benutzen, bei anderen Berufen ist manchmal auch noch eine Verbands- oder Kammer-Mitgliedschaft erforderlich. Ein IT-Berater muss sich darum nicht kümmern, denn jeder darf sich so nennen.

Die Konsequenz daraus ist, dass Kunden mit Beratungsbedarf damit leben müssen, über die bloße Berufsbezeichnung keine Anhaltspunkte dafür zu erhalten, ob sie es mit jemandem zu tun haben, der auf bestimmte Problemlösungen spezialisiert ist. Wenn Sie sich vorstellen, in den Gelben Seiten nach einem Dachdecker zu suchen, dort aber nur Einträge für "Handwerker" finden, beschreibt das die Situation ganz gut. Es bleibt Ihnen also nichts anderes übrig, als zunächst ein Profil des Beraters anzufordern und anhand dessen Inhalt zu beurteilen, ob er Sie bei Ihrem Vorhaben oder bei der Lösung eines Problems wirklich unterstützen kann. Ein großes Beratungsunternehmen oder Systemhaus kann zwar über Spezialisten für ein umfangreiches Aufgabenspektrum verfügen, eine Garantie aber, dass dem so ist, haben Sie nicht - vielleicht wird man dort Ihren Auftrag trotzdem annehmen und "gemeinsam mit dem Kunden Neuland betreten". Viel Spaß dabei!

Wenn Sie jetzt glauben, ich plädierte also für eine wettbewerbsrechtliche Regelung zum Schutz der Berufsbezeichnung: Nein, im Gegenteil, ich bin völlig einverstanden mit dem Status Quo. Denn wie sollten die Anforderungen aussehen, die zu erfüllen wären, um sich IT-Berater nennen zu dürfen? Etwa so wie in der Beschreibung des Arbeitsamts? Dieses zusammengewürfelte  Sammelsurium an Qualifikationen ist natürlich Humbug und nur dadurch zustande gekommen, dass man einfach diverse Leistungen, die typischerweise durch Personen erbracht werden, die mangels besserer Alternativen IT-Berater genannt werden, in einen Topf geworfen hat. Welchen Wert das Prüfsiegel vom Arbeitsamt hat, darüber kann man streiten - ganz sicher ist man aber durch Abschluss dieser Ausbildung nicht automatisch ein fähiger Berater, da ja die wichtigste Komponente fehlt: Die Praxis, von der ein guter Berater niemals genug haben kann. Für den Erfahrungsgrad gibt es immerhin eine Differenzierung, die speziell bei Mitarbeitern von Beratungsunternehmen anzutreffen ist, und zwar die Unterscheidung in Junior- und Senior-Berater (plus weiterer Zwischenstufen). Ab wann sich ein Berater als "Senior" qualifiziert, liegt natürlich allein in der Verantwortung des Unternehmens und die Qualifikationskriterien sind - vorsichtig ausgedrückt - teils sehr individuell festgelegt.

Die Selbstdarstellung von IT-Beratungsunternehmen

Empfehlungen, die Ihnen speziell bei der Auswahl eines freien Beraters helfen können, finden Sie z.B. auf folgender Seite: Tipps zur Auswahl eines Unternehmensberaters. Die dort aufgeführten Kriterien dienen hauptsächlich zur formalen Bewertung von Beratungsangeboten. Die Auswahl eines Beraters, der über die passenden IT-Fachkenntnisse verfügt, die zur Bewältigung einer Aufgabe erforderlich sind, ist jedoch nach meiner Erfahrung für viele Kunden ungleich schwieriger. Sich im fachterminologischen Dickicht der Branche zurechtzufinden, ist nicht jedermanns Sache - viele Beratungsunternehmen entschließen sich deshalb, ihr Können etwas breiter und allgemeiner zu formulieren, um damit Entscheidungsträger anzusprechen, die für technisches Kauderwelsch meist wenig übrig haben. Dass diese Art der Selbstdarstellung schnell zu einem vergnüglichen Streifzug durch die Niederungen der Marketing-Phrasen werden kann, zeigen die folgenden Beispiele. Ich habe diese Slogans von den Webseiten bekannter Beratungsunternehmen abgeschrieben:

"Denn nur wer die Probleme seiner Klienten kennt und versteht, kann sie lösen." Eine tiefschürfende Erkenntnis.
"Unternehmen agieren heute in einer vernetzten Wirtschaft, in der dynamische, interaktionsbasierte Geschäftsmodelle die statischen, wissensbasierten Modelle alter Schule verdrängen" Ein besonders schönes Exemplar aus der Gattung "word-dropping".
"Wertschaffende Beratung setzt fachliche Expertise voraus" Würden Sie da widersprechen?
"Wir nehmen unsere Klienten in ihren spezifischen Herausforderungen ernst" Das Gegenteil wäre allerdings fatal.
"Die Qualität von Beratung hängt von ihrer Umsetzbarkeit ab" Ein echter Dauerbrenner.
"Beratungen und Berater sind heute an ihrer geistigen Mobilität zu messen" Über den Begriff der geistigen Mobilität von "Beratungen" grübele ich immer noch.
"Zentrale Kriterien sind ganzheitliche Beratungs- und Integrationsleistungen" Ein Heilpraktiker könnte es nicht besser ausdrücken.
"Unsere Kunden verstehen uns als Business Innovation Partner" Klingt irgendwie, als seien die Kunden auch Berater ;-)
"IT und alles was dazugehört, steht im Mittelpunkt des Tätigkeitsbereiches" "Alles was dazugehört" - das ist eine ganze Menge. Deutsche Grammatik fällt allerdings nicht darunter.
"Dabei stehen für uns messbare Ergebnisse für den Kunden im Vordergrund" Für wen auch sonst?
"Unser Ziel und unser Anspruch, aber auch unser Versprechen für Sie ist Exzellenz" Eine vortreffliche Wahl. Einst Ehrentitel hoher Beamter, heute ein Slogan.
"Den Projekterfolg sehen wir in einer messbaren Steigerung der Produktivität und Rentabilität" In mancher Hinsicht eine doch etwas eingeengte Sichtweise, finde ich.
"Lösungsorientiert im Interesse des Kunden" Ob er etwas anderes erwarten würde?

Wie Sie sehen können, ist die werbliche Darstellung von Beratungsleistungen ein undankbares Geschäft.  Die meisten Beratungsunternehmen haben außerdem noch ein Faible dafür, ihren Auftritt mit  Unternehmensphilosophien, Visionen oder gar Missionen zu untermalen. Inhaltlich läuft dies meist darauf hinaus, dass man "der Beste" sein will oder ständig daran arbeitet, es zu werden oder zu bleiben. Jedes sprachliche Mittel ist recht, um sich von profaneren Gewerbezweigen abzugrenzen, schließlich will man am Ende nicht mit einem Gummistiefel-Hersteller verwechselt werden.

Fazit

Wenn Sie jetzt erwarten, ich könnte es besser, muss ich Sie enttäuschen: Ich kann es nicht - deshalb verzichte ich einfach auf klappernde Slogans, abgehobene Visionen und angestrengte Ehrgeizbekundungen. Besuchen Sie meine Kontaktseite und lassen Sie sich mein Beraterprofil zusenden, rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir. Schauen Sie sich auf meiner Website um. Es kostet Sie nichts, sich ein Bild oder einen ersten Eindruck von mir zu machen. Ich versichere Ihnen, dass Sie ehrliche Antworten auf Ihre Fragen erhalten und eine faire Beratungsleistung angeboten bekommen. Das ist mein Kapital.

 

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